Geschäftsbericht  2024

Inhalt

Vorwort des Präsidenten

Begabtenförderung – wie weiter?

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Unser Land erlebt seit einigen Monaten eine für schweizerische Verhältnisse sehr intensive und zeitweise auch emotional geführte Bildungsdebatte. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob sich das Modell der integrativen Schule bewährt hat oder ob die Kantone wieder zum früheren Modell mit Regelklassen und Sonderschulen zurückkehren sollen. Zur Erinnerung: Die integrative Schule nimmt alle Kinder auf, schliesst niemanden aus. Leistungsschwächere Kinder, die früher in Kleinklassen oder Sonderschulen unterrichtet wurden, gehen heute – wenn immer möglich – gemeinsam mit allen anderen Kindern zur Schule, werden dort aber zusätzlich betreut und gefördert. Gestritten wird zurzeit vor allem um zwei Fragen: Lohnt sich der doch erhebliche Zusatzaufwand, den die integrative Schule unbestrittenermassen ausgelöst hat und benachteiligt die intensive Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler die übrige Klasse?

Persönlich masse ich mir kein abschliessendes Urteil zu diesem wichtigen Thema an. Entscheidend scheint mir aber, dass Entscheide nicht nur in der Politik und in der Bildungsbürokratie getroffen werden, sondern mit Einbezug der betroffenen Lehrpersonen und Eltern.

Was mich aber – und darum habe ich diesen Einstieg gewählt – befremdet, ist die Tatsache, dass es in der ganzen Diskussion, die in den Parlamenten, vor allem aber auch in den Medien geführt wird, immer nur um den sinnvollen Weg zur Förderung lernschwächerer junger Menschen geht, aber nie um die Begabtenförderung. So wichtig und richtig es für eine solidarische Gesellschaft ist, Kindern und Jugendlichen zu helfen, die Mühe haben zu lernen, so entscheidend wäre es, sich gleichzeitig damit zu befassen, wie überdurchschnittlich begabte Kinder und Jugendliche gezielt und Erfolg versprechend unterstützt werden können. Allein schon ein Blick auf die Mittelverteilung zeigt, dass für die Begabtenförderung auch heute noch nur ein Bruchteil jener Gelder zur Verfügung steht, die für die Integration leistungsschwächerer junger Menschen aufgewendet wird. Ich will diese Zahlen nicht gegeneinander ausspielen, halte aber fest, dass das Modell der integrativen Schule so viele Mittel bindet, dass – auch angesichts der schwierigen Lage bei den Staatsfinanzen – zu wenig übrigbleibt, um ausserordentliche Begabungen zu fördern. Das kann auf Dauer der Gesamtgesellschaft schaden, die darauf angewiesen ist, dass auch in Zukunft leistungsstarke Menschen ihren besonders grossen Beitrag leisten können.

Zugegeben: Es gibt in vielen Kantonen und Gemeinden für junge Talente Sportschulen auf allen Stufen, die sich sehr bewähren. Auch für junge Künstlerinnen und Künstler bestehen seit vielen Jahren Angebote, die beachtliche Erfolge zeitigen. Was aber in den öffentlichen Schulen weiterhin fehlt, sind Unterstützungsprogramme für hochbegabte junge Menschen, die viel stärker gefördert und gefordert werden müssten, als dies heute, gerade auch im gymnasialen Bereich, der Fall ist. Es ist denn auch nicht erstaunlich, dass Privatschulen mit einem entsprechenden Angebot einen grossen Zulauf haben. Aber, und das will ich sehr klar sagen: Es kann nicht sein, dass der Staat die Begabtenförderung weitgehend Privaten überlässt. Es ist darum dringend nötig, die laufende Debatte über die integrative Schule auf das Thema der Begabtenförderung auszuweiten und nach Lösungen zu suchen, die es leistungsschwächeren und leistungsstarken jungen Menschen ermöglichen, ihren Platz in Familie, Beruf und Gesellschaft zu finden.

Ergänzend dazu wird unsere Stiftung im Rahmen unserer Möglichkeiten auch weiterhin dazu beitragen, dass Talente ihre hochgesteckten Ziele erreichen können. Allen, die uns bei dieser Arbeit unterstützen, danke ich herzlich.

Urs Lauffer

Das Jahr im Rückblick

Leistungsbericht 2024

Stiftungszweck

Bereits seit sechsundzwanzig Jahren fördert unsere Stiftung auf ausschliesslich gemeinnütziger Basis begabte junge Menschen mit Wohnsitz in der Schweiz mit finanziellen Beiträgen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung. Wir wollen dort helfen, wo für das Erreichen des Stiftungszwecks keine oder nicht ausreichende öffentliche Gelder zur Verfügung stehen. Dabei konzentrieren wir uns auf Einzelfallhilfe und unterstützen junge Menschen direkt mit einem finanziellen Beitrag. Unterstützungsberechtigt sind junge Menschen im Alter von 10 bis 25 Jahren. Wir prüfen Gesuche aus den Bereichen Schule (inkl. Fachhochschulen), Handwerk, Kultur und Sport. Gesuche zugunsten eines Studiums an einer Universität oder an der ETH können nicht berücksichtigt werden.

Bewilligte Gesuche und Aktivitäten

2024 hat der Stiftungsrat von 116 (Vorjahr: 223) eingegangenen Gesuchen 82 (Vorjahr: 97) positiv beurteilt und dafür 1335937 Franken (Vorjahr: 1439000 Franken) bewilligt. Davon entfielen rund 50 % auf den Bereich Sport, 34 % auf den Bereich Kunst und 16 % auf die übrigen Bereiche (inkl. Hochbegabungen).

Der Stiftungsrat

Der Stiftungsrat der Fritz-Gerber-Stiftung besteht aus 10 Mitgliedern. Diese werden jeweils auf zwei Jahre gewählt. Die derzeitige Amtsperiode läuft bis zum 
31. Dezember 2026. Urs Lauffer wirkt seit dem 1. Januar 2005 als Präsident.

Der Stiftungsrat ist im Berichtsjahr zu drei Sitzungen zusammengekommen. Im Zentrum dieser Sitzungen steht immer die Prüfung und Genehmigung der einzelnen Anträge, die von der Geschäftsstelle vorgelegt werden. Darüber hinaus erörtert der Stiftungsrat die statutarischen Geschäfte und beurteilt den Erfolg unserer Hilfe. Der Stiftungsrat überprüft dabei sowohl die Effektivität, als Mass der Wirksamkeit unserer Arbeit, als auch die Effizienz, d. h. die Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes. Auf dieser Grundlage und anhand konkreter Einzelfälle passt der Stiftungsrat wenn nötig die Schwerpunkte in den nächsten Jahren an. Schliesslich beschäftigt sich der Stiftungsrat auch mit allen finanziellen Fragen (inkl. der Anlagerichtlinien, die regelmässig geprüft und überarbeitet werden) und überwacht die Tätigkeit unserer Geschäftsstelle.

Finanzen

Die Stiftung finanziert ihre Tätigkeit in erster Linie aus Vermögenserträgen. Im Berichtsjahr verzeichneten die Finanzmärkte insgesamt sehr gute Ergebnisse. Erfreulicherweise konnte die Stiftung 2024 einen Gewinn von 605 000 Franken erzielen. Das Organisationskapital hat sich per Jahresende auf 26,1 Millionen Franken erhöht. Damit kann unsere Stiftung ihre Ausschüttungen im bisherigen Rahmen auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

Rechnungslegung

Seit 2005 wenden wir für die Jahresrechnung unserer Stiftung die Kriterien von Swiss GAAP FER 21 an. Diese Rechnungslegung wurde speziell für gemeinnützige Organisationen geschaffen, um eine hohe Transparenz zu gewährleisten.

Im Namen der Geschäftsstelle danke ich allen sehr herzlich, die unsere Arbeit möglich machen und uns bei unserer Tätigkeit unterstützen.

Stéphanie Ramel

Kennzahlen in CHF

Unterstützungsbeiträge

2024

1 336 000 CHF

2023

1 439 000 CHF

Organisationskapital

2024

26 138 000 CHF

2023

25 532 000 CHF

Seit ihrer Gründung im Jahr 1998 hat die Stiftung 33,7 Millionen Franken an Unterstützungsbeiträgen geleistet.
Herbstanlass

Herbstanlass im Spitzensportzentrum OYM

Seit 2016 ist das nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgebaute OYM im zugerischen Cham Trainingszentrum für viele junge Spitzensportlerinnen und Spitzensportler. Dazu zählen auch einige Athletinnen und Athleten, die von unserer Stiftung gefördert wurden oder aktuell unterstützt werden. OYM ist die Abkürzung von «On your marks», was so viel heisst wie «Auf die Plätze …» in Anlehnung an die Startvorbereitung in der Leichtathletik. Damit war das OYM auch der ideale Treffpunkt für unseren Anlass, zu dem wir am 15. November 2024 alle besonders begabten jungen Menschen eingeladen hatten, die aktuell von unserer Stiftung unterstützt werden. 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten unserer Einladung und wurden in der OYM-Aula von Stiftungsratspräsident Urs Lauffer begrüsst. Dabei erinnerte Urs Lauffer an die Gründung unserer Stiftung vor 26 Jahren durch Fritz und Renate Gerber und stellte in Aussicht, dass wir die gezielte Unterstützung besonders begabter junger Menschen auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiterführen.

Auf ein besonderes Interesse der Anwesenden stiess sodann der Vortrag von Michael Schiendorfer, der als persönlicher Manager von Marco Odermatt, Simon Ehammer, Joel Wicky und weiteren aussergewöhnlich erfolgreichen Sportlerinnen und Sportlern faszinierende Einblicke in den Alltag dieser Persönlichkeiten geben konnte. Seine Ausführungen über die Herausforderungen, denen sich etwa Marco Odermatt in seiner Karriere täglich stellt, werden den Anwesenden sicherlich in eindrücklicher Erinnerung bleiben.

Zu den weiteren Programmpunkten gehörte ein inspirierendes Gespräch zwischen der Balletttänzerin Jimena Puch Rodeiro und dem angehenden Geigenbauer Leo Maglia. Moderiert wurde diese Diskussion von unserem Stiftungsratsmitglied Nationalrat Andri Silberschmidt-Buhofer.

Nach einer Führung in kleinen Gruppen durch die beeindruckenden Räume des OYM folgte der Abschluss des offiziellen Teils. Unser Bereichsleiter Sport Max Heinzer liess es sich nicht nehmen, vier der anwesenden Sportlerinnen und Sportler zu ehren, die an den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris beachtliche Erfolge erzielt hatten:

Ilaria Renggli (Bronze Badminton), Simon Ehammer 
(4. Rang Weitsprung), Alena Marx (6. Rang Kanu-Slalom Einer und 8. Rang im Canadier Einer) und Maurin Lange (6. Rang Rudern).

Beim anschliessenden Apéro riche wurden wir mit gesunden Köstlichkeiten aus der Küche des OYM verwöhnt. Der gesellige Ausklang bot so die perfekte Gelegenheit, neu geknüpfte Kontakte zu vertiefen. Diesen rundum gelungenen Anlass wollen wir in drei Jahren wiederholen – dann wohl in einem kulturellen Ambiente.

Geschichten von unterstützten Talenten

Auf dem Weg zum Erfolg

Mit voller Kraft voraus: Der Durchbruch zur Olympiaqualifikation im Rudern

Der Weg zu den Olympischen Spielen 2024 war herausfordernd – doch mit unermüdlichem Einsatz, eiserner Disziplin und dem festen Glauben an das grosse Ziel gelang die Qualifikation. Ein bewegender Moment für einen Athleten, der seinen Sport mit Leidenschaft und Hingabe lebt.

Maurin Lange

Auf dem Weg an die Spitze: Liv Broder und ihr Skateboard-Traum

Liv Broder hat bereits Geschichte geschrieben: Als erste Schweizerin durfte sie an den X Games teilnehmen – ein Meilenstein in ihrer Karriere. Doch ihr Blick richtet sich weiter nach vorne, denn die 17-Jährige strebt nach mehr. Mit den Olympischen Spielen 2028 als nächstem grossen Ziel kämpft sie nicht nur für sportlichen Erfolg, sondern auch für mehr Sichtbarkeit und Anerkennung von Skaterinnen weltweit.

Liv Broder

Barockvioline zwischen Basel und London: Sophia Mückes musikalische Reise

Sophia Mücke widmet sich mit Leidenschaft der Alten Musik. Nach ihrem Studium in Basel setzt sie ihre Ausbildung an der renommierten Royal Academy of Music in London fort. Auf Bühnen in Edinburgh, Wales und London verwirklicht sie ihren Traum – mit Hingabe, aussergewöhnlichem Talent und unermüdlicher Neugier.

Sophia Mücke

Von Bern nach Paris: Noah Gramss und sein Weg in die Modewelt

Aus der Kindheit in Bern Bethlehem hinein in die Kreativität von Kunst, Musik und textilem Gestalten – so führte Noah Gramss’ Weg ihn schliesslich nach Paris, an eine der renommiertesten Kunsthochschulen Europas. Sein Ziel ist ambitioniert: Mode neu zu definieren, mit mehr Vielfalt und sozialer Verantwortung als zentrale Elemente seiner Vision.

Noah Gramss